Antwort: Warum bundesweit 50Hz Netzfrequenz?
Hallo Domino,
Geschätzter paranoia,
auf Grund deines Kommentars möchte ich mich zunächst an dich wenden, da du offenbar Ahnung von diesem Thema "Stromnetz"/"Netzbetreiber" hast! Selbstverständlich würde ich mich auch sehr über die Kommentare der anderen DGFler in diesem Zusammenhang freuen!
ich bin nur interessierter Laie. Potenziell schlauer sind die Leute mit Elektrotechnik-Studium, wenn sie sich für das Thema interessieren.
Ob die Überschrift von mir korrekt formuliert wurde?
Ja, die Frage ist berechtigt, denn wieviele Bundesbürger werden diese Frage wohl beantworten können?
Welche Spannung vorherrscht ist das Ergebnis einer Systementscheidung, die vor langer Zeit getroffen wurde. Verbreitet sind 50 und 60 Hertz:
https://de.wikipedia.org/wiki/Netzfrequenz#/media/Datei:World_Map_of_Mains_Voltages_and...
Angeschlossene Verbraucher und Erzeuger müssen für diese Frequenz ausgelegt sein.
Nun ich frage mich schon seit einiger Zeit, warum ich mir z.B auf der Seite bei MMNews oben links einen "Netzfrequenz-Ticker" ansehen kann, der genau WAS anzeigt? Ist dies die bundesweit ermittelte Netzfrequenz - die EINE, einzige wahre Netzfrequenz?
Im Normalbetrieb gibt es nur eine Netzfrequenz. Und die herrscht sogar von Algerien bis Dänemark und weiter bis zur Türkei und Ukraine vor. Was Du siehst, ist also in 99,99% aller Fälle nicht nur die bundeseinheitliche Netzfrequenz, sondern sogar die kontinentaleuropäische.
Die MMNews-Anzeige ist sinnvoll, weil sie den Betrachter auf das elektrische Herz unserer Republik hinweist. Je mehr Leute die Funktionsweise des Netzes verstehen, desto größer die Chance, dass ein Blackout vermieden werden kann und immer weniger Menschen die Partei des Professional Dr. Robert Habeck wählen.
Diese Netzfrequenz, die bei Unter- bzw. Überschreitung zu regionalen "Lastabwürfen" oder im
Bei einer zu starken Unterschreitung gibt es Lastabwürfe, bei einer Überschreitung Kraftwerksabwürfe.
schlimmsten Falle zum regionalen oder gar bundesweiten "Blackout" führen kann?
Wenn dies so wäre, wie können wir denn in unserem Land ein derart fragiles und hochriskantes System ein paar Netzbetreibern überlassen? Diese Netzbetreiber sind doch wohl weitestgehend
privatwirtschaftliche Unternehmen (wem gehören die eigentlich)
Schau nach!
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbertragungsnetzbetreiber
Wir haben in Deutschland vier Stück, in Frankreich gibt es nur die staatliche RTE.
und denen sollen wir einfach so, mit ihrem Scalpell in deren Händen den Zugang zu unserer Halsschlagader gewähren? Wir wissen in diesem Forum sehr wohl, das ein bundesweiter "Blackout" u.U. innerhalb von wenigen Tagen zu mehreren zehntausend Toten führen könnte - abgesehen von enormen, kaum kalkulierbaren Folgeschäden (wirtschaftlich, menschlich, sozial) eines solchen Geschehens!
Ja, und das ist gut so, ganz ohne Ironie. Es ginge auch mit nur einem Netzbetreiber.
Also wieso benötigen wir eine bundesweit EINE einheitliche Netzfrequenz?
Weil wir dann nur alle Netze einfach zusammenschalten können. Wenn Du ein unsynchronisiertes Kraftwerk an das Netz hängst, kann eine zu stark abweichende Frequenz des Kraftwerks vom Netz das Kraftwerk zerstören.
Hier ein zerstörungsfreies anschauliches Beispiel dafür, wie ein Kraftwerk an's Netz angeschlossen wird:
https://www.youtube.com/watch?v=xGQxSJmadm0&t=6s
Aus physikalischen Gründen. Nur bei einer einheitlichen Frequenz können alle Teilnetze miteinander verbunden werden. Wir gewinnen dadurch an Stabilität, weil z.B. ein österreichisches Stauseekraftwerk seine frequenzstabilisierende Wirkung nicht nur in Österreich, sondern im ganzen Netz entfalten kann!
Dazu brauchen wir aber ein Netz der Netze, dass die kleinen Netze miteinander verbindet. Das ist das europäische Verbundnetz.
Wäre es nicht denkbar, das wir die Veranwortung über die zweifellos lebenswichtigen Stromnetze z.B. den 400 Kreisen in Deutschland überlassen?
Theoretisch ja, aber das würde eine Netzaufspaltung in 400 Netze erfordern.
Eine Reaktion wie hier
https://www.ingenieur.de/fachmedien/vdi-energie-umwelt/energie-vdi-energie-umwelt/energ...
wäre nicht möglich, aber auch nicht wegen der Isolation der Netze voneinander nicht erforderlich.
Deine angedachten 400 Netze erfordern teuere Maßnahmen zur Stabilisierung der Netzfrequenz in jedem dieser 400 Netze. Natürlich könnte man 400 Teilnetze betreiben. Ich kann aber nicht die vermutlich gigantischen Kosten beziffern, die diese Kreise dann in Maßnahmen zur Primär, Sekundär- und Tertiärregelung investieren müssen.
Wiki zu Landkreisen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis"In Deutschland gibt es 294 Landkreise. Zusammen mit den 106 kreisfreien Städten bilden sie die insgesamt 400 Gebietskörperschaften auf Kreisebene."
Meine Idee wäre demokratisch, subsidiär und resilient: 400 von einander (frequenz-) unabhängige Stromnetze, welche über Schnittstellen zu anderen Kreisen und/oder Kraftwerken, mögliche Engpässe, Spitzen o.ä. abfangen und ausgleichen.
Die von Dir gewünschten Schnittstellen müssten über regelbare Frequenzumrichter verfügen, um einen Stromfluss in Nachbarnetze oder von den Nachbarnetzen kommend zu ermöglichen.
Das wäre ein weiteres kostspieliges Unterfangen.
Ich behaupte: Das lohnt sich nicht!
Wenn es sich lohnen würde, wäre es längst schon gemacht worden.
Was meint Ihr? Kann man diese Idee weiter verfolgen oder müssen wir das Scalpell am Hals akzeptieren?
Du lernst die Probleme ganz schnell kennen, wenn Du bei Dir zu hause ein autonomes Netz aufbauen wolltest, das auch im Winter in der Dunkelflaute funktionieren soll.
Dein Computer soll nicht kaputtgehen, wenn der Durchlauferhitzer (Extrembeispiel: 9 kW bzw. 18 kW)
anspringt oder ausgeht.
=> Regelungen von plötzlichem Lastanstieg oder -rückgang!
Wenn Du Dir die Grafiken zur Netzfrequenzschwankung auf
https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4isches_Verbundsystem
anguckst, siehst Du, dass die Frequenz in Kontinentaleuropa am wenigsten schwankt.
Je geringer die Frequenzschwankungen, desto besser.
Das Problem mit den Erneuerbaren besteht darin, dass sie zum einen nicht grundlastfähig sind.
Es braucht also Ersatzkraftwerke, die einspringen können, wenn die Erneuerbaren nicht liefern.
Schlimmstenfalls stehen die Ersatzkraftwerke die meiste Zeit herum und werden nicht genutzt.
Aber auch die Bereitstellung dieser Infrastruktur muss bezahlt werden.
Das nächste Problem ist, das eine Reihe von Kraftwerkstypen gar nicht so schnell hochfahren kann, wie es nötig wäre, wenn z.B. eine Wolkenfront auf Deutschland zurast und die PV-Kraftwerke nicht liefern.
Die Verbraucher im Netz sind wohl ganz gut prognostizierbar, die Zufallskraftwerke nicht.
Wenn Du bei meinem Übertragungsnetzbetreiber einen Vortrag anhörst und Dir der Dozent sagt, dass Saharastaub und Morgennebel die größten Unsicherheitsfaktoren im Betrieb darstellen (beide Erscheinungen drücken die Erzeugungsleistung der Photovoltaik und dann gibt es eine Lücke zum Verbraucher), dann fällt Dir die Kinnlade herunter.
Gruß
paranoia
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Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.