Bedauerlich: Ignoranz eines Systemmangels in Deinem Solarbeitrag

paranoia, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Mittwoch, 22.01.2025, 15:48 (vor 22 Tagen) @ Echo710 Views
bearbeitet von paranoia, Mittwoch, 22.01.2025, 15:53

Hallo Echo,

wie aus Deinen Worten deutlich wird,

Steigt die Netzfrequenz/Spannung über eine bestimmte (einstellbare) Schwelle, schalten PV Anlagen automatisiert ab. Diese Fälle treten vor allem im Sommer ein und es ist ein Leichtes, das direkt vor Ort mit überschaubaren Speichern übers Sommerhalbjahr sehr kosteneffizient zu glätten und sich so komplett selber mit Strom zu versorgen. Ordentlich programmierte Speicher sorgen hierbei dafür, dass gar keine Netzüberlastung eintritt, im Sommer wäre 100% Autarkie möglich und sinnvoll (weil viel Sonne scheint und keine Heizung sondern allenfalls bisserl Klimaanlage läuft). Dass zu wenig Speicher gekauft wurden lag zuvor eher am Preis, mittlerweile eher an der Politik.

bist Du inhaltlich auf zwei von mir verlinkte Beiträge nicht eingegangen.
Dein Tenor "ordentlich programmierbare Speicher" geht vollkommen am Problem vorbei.

Ich schmier Dir die Beiträge nochmal auf's Brot:

Wenn aber „nicht jetzt wichtige regulatorische Weichen im Energiemarkt gestellt werden, steht im allerschlimmsten Fall überhaupt kein Strom mehr zur Verfügung“. Grund hierfür ist Enpal und 1Komma5° zufolge die Einspeisung aus ungeregelten Photovoltaik-Anlagen – gemeint sind solche mit weniger als 100 Kilowatt außerhalb der Direktvermarktung. Es werde „immer mehr Strom durch kleine Photovoltaik-Anlagen erzeugt, die die Einspeisevergütung erhalten und nicht gesteuert werden. Im Juli dieses Jahres waren es bereits 60 Gigawatt.“

Auf dieses dringende Problem haben bereits mehrere Fachleute hingewiesen, unter anderem Lion Hirth, Professor für Energiepolitik sowie Gründer und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Neon in einem Beitrag für pv magazine, ebenso Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group. An einem Tag mit hoher Solarstromerzeugung und geringem Verbrauch – etwa an Ostern, Himmelfahrt oder Pfingsten – könnten Extremwerte für negative Strompreise entstehen, unter Umständen gäbe es trotzdem keine „Markträumung“ – der Strom bliebe also im Netz. Im allerungünstigsten Fall, schreibt etwa Leon Hirth, reicht dann die zwangsweise Abschaltung von Erzeugern nicht mehr aus, und es bliebe nur noch die Abschaltung ganzer Verteilnetze. Zwar bedeute dies „keineswegs automatisch einen flächendeckenden Ausfall des Stromsystems (Blackout), jedoch steigt die Gefahr einer schwerwiegenden Störung in einem derart gestressten System stark an. Dies muss unbedingt vermieden werden.“

Die gemeinsame Erklärung von Enpal und 1Komma5° warnt, wenn auch nicht ganz so differenziert, vor genau dieser Situation. Im schlimmsten Fall müsse der Verteilnetzbetreiber „gezielt Regionen vom Stromnetz trennen“, und der Erklärung zufolge werde dieses Szenario „von Experten bereits an Ostern oder Pfingsten 2025 für möglich gehalten“.

Quelle:
https://www.pv-magazine.de/2024/11/11/enpal-und-1komma5-warnen-vor-blackout-durch-unger...

Während unser altes zuverlässiges regelbares Netz es ermöglicht mit Hilfe der Abschaltung eines überschaubaren Parks von etwa 150 Kraftwerken die Frequenz bei 50 Hertz zu halten, ist das jetzt nicht mehr der Fall.

Das Problem wurde 2011 mit einem Provisorium gelöst: Bis dahin schalteten die Wechselrichter bei Überfrequenz bei 50,2 Hertz aus.

Ergebnis: Bei Erreichen von 50,2 Hertz schalten die Wechselrichter hart ab, die Frequenz bricht schlagartig ein, fällt auf unter 49,8 Hertz und die vorhandenen Regeleinrichtungen im Netz können das nicht mehr kompensieren.

Die Folge: Lastabwurf der Verbraucher oder Netzzusammenbruch.

Die damalige Lösung:

Verabschiedung von Auflagen, dass die die Wechselrichter bei Frequenzanstieg herunterregeln.

Die Fortführung des Solarbooms von 2011 bis heute hat nun dazu geführt, dass trotz Herunterregeln der Wechselrichter immer noch zuviel Strom produziert wird, wenn in der österlichen Hellbrise (mit schön kalten Temperaturen, da geht der Modulwirkungsgrad auch noch ein wenig hoch) die PV-Anlagen versuchen Strom einzuspeisen, für den der Verbraucher fehlt.

Im Gegensatz zu den genannten 150 Kraftwerken sind offensichtlich 60 GW solarer Erzeugungsleistung nicht abschaltbar.

Nun sollen in diesem Fall ganze Verteilnetze vom Gesamtnetz genommen werden. Damit werden aber auch Verbraucher vom Netz getrennt. Eine frequenzmindernde Wirkung gibt es nur, wenn in dem abgeschalteten Segment mehr solare Erzeugung zu finden ist, als abnehmende Verbraucher.

Mit Schwurbeln, Verweis auf zukünftige Wunderwaffen, "gute Programmierung" ist das Problem nicht zu lösen.

Es gibt eine Regelungslücke, und die ist nicht von gesetzlicher Natur.
Diese Lücke ist ein Fehler im System, die natürlich renditegeilen Solarbauern und -installateuren mit Erfahrungen im "Energie Sektor" (Originalzitat von Dir mit innovativer Kompositarechtschreibung) nicht bewusst ist, oder ignoriert wird.
Die Kontrolle über die Einspeisung darf eben nicht der Einspeiser haben, sondern der Netzbetreiber, spricht Amprion, Tennet, 50Hertz etc...


Themenwechsel:
Für die ganzen Solarschmarotzer gibt es eine passende Lösung. Man bezahlt nicht mehr für abgenommene kWh, sondern für die abgenommene Spitzenleistung im Jahr und die Volatilität des eigenen Verbrauchs.

Auf diese Weise kann man den Solarschmarotzern die Vorhaltung eines Sicherheitsnetzes von Kraftwerken in Rechnung stellen, die für die Schmarotzer das ganze Jahr lang bereit gestellt werden müssen.
Das geht natürlich am einfachsten mit Digitalzähler und internetbasiertem Rückkanal. Nebenbei weiß dann der Netzbetreiber auch, was Du gerade so machst...

Diese Lösung ist nicht von mir. Sobald vor der Derregulierung in meiner Heimatstadt der Energieverbrauch, sprich die momentane Abnahmeleistung neue Höhen zu erklimmen drohte, schalteten die Stadtwerke alles ab, was abzuschalten war, z.B. die Schwimmbadheizung etc, denn die Stromkosten , den die Stadtwerke bei RWE bezahlen mussten, hingen von dem maximalen Stromverbrauch, besser der maximal aufgetreteten Abnahmeleistung im Jahr ab.

Die Vergütung muss natürlich marktpreisorientiert sein. Bei negativen Strompreisen muss der Private blechen, wenn er trotzdem einspeist.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.


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