China als Vorbild?
Lieber @DT,
vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht aus dem Reich der Mitte. In jeder Zeile spürt man die Begeisterung für das, was die Chinesen in den vergangenen Jahren aus dem Boden gestampft haben. Es klingt geradezu fantastisch, wenn ich daran denke, wie ich China Anfang der 1990er Jahre erlebt habe. Da sah man in Peking noch deutlich mehr Fahrräder als Autos, waren in Shanghai die britischen Kolonialgebäude am Fluss die eindrucksvollsten Bauwerke der Stadt und in Guangzhou wurden auf dem Wochenmarkt noch Katzen, Schlangen und Frösche angeboten, die vor deinen Augen geschlachtet wurden.
Bei all der Euphorie sollte aber nicht vergessen werden, dass auch China seinen gigantischen Strombedarf nicht mit Flatterstrom aus Wind- und Solarkraft deckt, sondern aus konventionellen Energieträgern, allen voran der Kohle. Dass der Individualverkehr in den chinesischen Metropolen jetzt vorrangig mit E-Autos betrieben wird, sorgt mit Sicherheit für bessere Luft in den smoggeplagten Innenstädten, ändert aber nichts daran, dass die Abgase jetzt eben anderswo in die Atmosphäre entlassen werden.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/china-kohlekraftwerke-100.html
Die chinesische Entwicklung - ich sage bewusst nicht "Fortschritt" - beruht aber zum großen Teil auf rigoroser staatlicher Lenkung. Auf das chinesische Modell des Sozialkreditsystems kann ich in Deutschland gerne verzichten.
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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."
William Keith Chesterton