Diese Interpretation ist m.E. zu kurz gedacht

Otto Lidenbrock, Nordseeküste, Mittwoch, 10.04.2024, 14:07 (vor 218 Tagen) @ Plancius2400 Views

Es ist richtig, dass der große Vorzug der Demokratie gegenüber autokratischen Systemen wie Diktaturen oder Monarchien darin besteht, dass die Bevölkerung mit Hilfe von Wahlen direkten Einfluss auf diejenigen nehmen kann, von denen sie regiert, respektive beherrscht wird.

Zunächst könnte man einwenden, dass dies ja nicht ganz richtig sei, denn unsere etablierten westlichen Demokratien sind im eigentliche Sinne gar keine echten Demokratien, sondern "repräsentative" Demokratien, wo sich die Auswahlmöglichkeiten des Wählers auf die vorgegebenen Kandidaten beschränkt bzw. er Parteien wählen kann, auf deren personelle Zusammensetzung er keinerlei Einfluss hat.

Trotzdem scheint es aber auf den ersten Blick so zu sein, dass der Wähler (oder sollte ich sagen "der/die/das Wählende"?) mit diesen Umständen nicht unzufrieden zu sein scheint, denn die Wahlbeteiligung ist in der Regel relativ hoch (deutlich über 60% bei Bundestagswahlen) und Parteien abseits der Platzhirsche CDU, SPD und Grüne stehen bei ihm nicht besonders hoch im Kurs.

Dies liegt natürlich - und damit komme ich zum Punkt, warum die o.a. Interpretation der Wahlergebnisse zu kurz gedacht ist - vor allem an der Beeinflussung seines Wahlverhaltens durch die Leitmedien. Sehr viele Menschen sind an Politik nur äußerst mäßig interessiert, ich würde behaupten, die meisten eher gar nicht und wissen so gut wie nichts über die politischen Zielsetzungen der verschiedenen Parteien. Deshalb sind sie auch dankbar dafür, dass ihnen die Leitmedien die wenigen Kandidaten kurz und knackig präsentieren, damit man am Wahltag weiß, wo man seine Kreuzchen machen DARF und wo man sie besser NICHT hinsetzen sollte.

Die Wahlergebnisse sollte man also nicht unbedingt als Zustimmung zur aktuellen Politik werten, sondern eher als das Ergebnis multimedialer Beeinflussung betrachten.

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton


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