Das Landesblatt, 14. August 2062

also, Sonntag, 05.03.2017, 19:58 (vor 2809 Tagen)5676 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 05.03.2017, 20:05

Das Landesblatt

[color=#447744]Ausgabe vom 14. August 2062[/color]


Landesblatt: Hr.BaÅŸtürk, wir gratulieren zu ihrem großartigen Wahlerfolg. Immerhin sind 74 Prozent aller
Wähler ihnen gefolgt. Darf ich dieses Interview in deutscher Sprache führen?

BaÅŸtürk: Ich habe große Achtung vor der deutschsprachigen Minderheit, trotzdem wollen wir bei der
Amtssprache bleiben, da die Mehrheit unserer Mitbürger nur die türkische Sprache versteht.

Landesblatt: In diesem Zusammenhang stellt sich für einige Leser natürlich die Frage, warum die
deutsche Sprache kaum noch Anwendung findet?

BaÅŸtürk: Die deutsche Sprache spielt in diesem Land seit den Religionsreformen nur mehr ein untergeordnete
Rolle. Kein Imam predigt in deutscher Sprache. Mohammed, Gott hab in selig, war kein Deutscher. Aber damit
verrate ich ihnen sicher kein Geheimnis. Wir haben das Thema Sprachnivellierung am Institut für Turkistik
ausgiebig diskutiert, eine Rückkehr zu babylonischen Zuständen in Amtsstuben wird es nicht geben.

Landesblatt: Ihr Vorgänger hat nur türkisch gesprochen, sie sprechen ein akzentfreies Deutsch.
Wie kommt das?

BaÅŸtürk: Ich habe meine Ausbildung in diesem Land am islamisch-theologischen Institut abgeschlossen.

Landesblatt: Seit ihre Partei die Regierung bildet, gibt es sehr strenge Bekleidungsvorschriften, vor
allem für Frauen. Teilweise wurde damit das Ausüben bestimmter Sportarten unmöglich gemacht.
Vor allem zur Zeit des Ramadan werden diese Gesetze sehr streng kontrolliert. Sehen sie darin nicht einen
Rückschritt?

BaÅŸtürk: Sie müssen noch viel lernen, junger Mann. Ich vertrete in diesem Land die Meinung der Mehrheit,
und diese Mehrheit sind Moslems. Das ist gelebte Demokratie. Wer den Koran kennt, der wird diese Gebote
auch akzeptieren, weil sie den Glaubensregeln entsprechen. Die Religionsgebote stehen über dem Gesetz, das
sollte mittlerweile jedem bekannt sein. Schon vor Jahrzehnten hat eine große Amtskollegin gesagt, dass Deutschland
zum Islam gehört.

Landesblatt: War das nicht umgekehrt?

BaÅŸtürk: Das sind nur Wortklaubereien islamophober Geschichtsfälscher.

Landesblatt: Wie stehen sie zu den Minderheitenrechten?

BaÅŸtürk: Es stehen deutschsprachige Zeitschriften und Bücher landesweit zur Verfügung. Die Religionsfreiheit
wird gewährleistet. Allein im letzten Jahr haben wir hohe Geldsummen für die Renovierung von Kirchen zur
Verfügung gestellt. Apostasie wurde für Christen straffrei gestellt, deutschsprachige Schulen und Vereine werden
finanziell unterstützt.

Landesblatt: Trotzdem können sich viele die Ausbildung an deutschen Schulen nicht mehr leisten.

BaÅŸtürk: Alle sind eingeladen, an den öffentlichen Schulen türkisch zu lernen.

Landesblatt: Damit wird es zur Pflicht ....

BaÅŸtürk: Keineswegs. Ich will hier nicht näher eingehen auf die Entbehrungen und Zwänge, die unsere
Vorfahren unter dem Deckmantel "Integration" erleiden mußten. Nur das erfolgreiche Ablehnen dieses Diktats
über Generationen hinweg, das berechtigte Zurückweisen der fremden Kultur und die Pflege der eigenen Sprache
in den Moscheevereinen, gewährleistete dieses feste Fundament, auf das die heutige Gesellschaft aufbauen kann.
Diesen Menschen und ihrem festen Glauben haben wir diesen Staat zu verdanken. Natürlich spielte dabei auch ihr
Familiensinn eine gewichtige Rolle. Immerhin hat im Durchschnitt jedes muslimische Ehepaar 4 Kinder großgezogen.
Das alles ist ein Segen für dieses Land und für unsere Politik.

Landesblatt: Es werden immer wieder Beschwerden über Ungleichbehandlungen laut, die in ...

BaÅŸtürk: Ich habe davon gehört, warne aber vor Verallgemeinerung. Durch die Transformation vom sozialen
Wirtschaftsstaat hin zum Glaubensstaat gewinnt der religiöse Aspekt an Größe. Auch die Gesetzgebung ist dieser
Veränderung unterworfen. Das entspricht den Grundsätzen des Islam. Über längst überholte Paradigmen zu
diskutieren ist müßig und nicht sinnvoll.

Landesblatt: Werden die zwangsweisen Enteignungen eingestellt?

BaÅŸtürk: Es gibt keine Enteignungen! Diese sehr ärgerliche und falsche Behauptung kursiert in einigen
christlichen Enklaven. Wir werden deshalb zu diesem Thema schon in der nächsten Woche eine zweisprachige
Aufklärungskampagne starten, die die Ursachen dieser Übernahmen verdeutlicht. Auf Grund der glaubensstaatlichen
Gesetzgebung wird die Leistung unserer Jugend gegenüber der veralternden und pflegebedürftigen deutschsprechenden
Minderheit entsprechend entlohnt. Dafür kommt das islamische Erbrecht zur Anwendung, das diesen Umstand zu aller
Zufriedenheit regelt. Man kann nicht deshalb von Enteignung sprechen, nur weil es vorwiegend Nichtmuslime trifft.

Landesblatt: Sie wurden als Innenminister von der Opposition heftig kritisiert, weil sie einige als
Ungläubige bezeichneten, die kein Recht ...

BaÅŸtürk: Wir können dieses Interview jederzeit abbrechen ... wenn Sie wollen!

Landesblatt: Ihr erster Auslandsbesuch wird der Türkei gelten. Gibt es dafür besondere Gründe?

BaÅŸtürk: Wir werden dort einige Gesetzesvorschläge mit dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft
und dem Zentralrat der Muslime besprechen. Ein völlig normaler Vorgang, der bei allen Gesetzgebungen zu
geschehen hat, die in das Leben unserer religiösen Mitbürger eingreifen. Weitere Themen werden sein die Ausbildung
und Entsendung von Imame und die Ernennung eines Religionsattachés für Niedersachsen. Auch die Problematik der
Doppel-Staatsbürgerschaft wird mit dem Islamischen Föderationsrat abgestimmt werden. Wie Sie wissen, blieb in den
Herzen der meisten Mitbürger die Türkei ihre eigentliche Heimat, deshalb wäre die Abschaffung des deutschen
Passes nur die logische Konsequenz.

Landesblatt: Hr. Kanzler, Danke für das Gespräch.

BaÅŸtürk: as-salamu 'alaykum

[color=#444444]Das Gespräch wurde aus dem türkischen übersetzt von Üzgalan Meier[/color]

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